Lebensformen: Haushalte und Familien
Der demografische Wandel spiegelt sich auch im Wandel des Zusammenlebens, der Familienformen und Haushaltsstrukturen wider. Die zuletzt beobachtete Zunahme der Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner geht dabei einher mit einem Zuwachs der Privathaushalte von 2014 bis 2019 um 2,4%, wobei per Saldo fast ausschließlich die Zahl der Einpersonenhaushalte zugenommen hat (+4,5%). Sie machten 2019 in Niedersachsen fast 43% aller Haushalte aus, und regional waren es in den größeren Städten teilweise mehr als die Hälfte oder wie in Göttingen fast zwei Drittel. Gleichzeitig bedeutete dies, dass in Niedersachsen 2019 schließlich mehr als ein Fünftel (21,4%) der Bevölkerung alleine lebte, wobei ältere Menschen und davon insbesondere Frauen noch öfter alleinlebend sind. Im Umkehrschluss leben weniger Men-schen zusammen und die Zahl der Familien nimmt langfristig gesehen ab, im Vergleich der Jahre 2009 zu 2019 ging ihre Zahl um 3,4% zurück. Mittelfristig war jedoch von 2014 zu 2019 eine leichte Zunahme zu beobachten (+0,6%). Dabei gab es einen Zuwachs von Familien mit mehr als einem Kind (+2,6%), während die Zahl der Einkindfamilien leicht abnahm (-1,4%). Über die letzten fünf Jahre sind die Familien damit wieder mehr und größer geworden.
Dies hat auch damit zu tun, dass es immer mehr Familien mit Zuwanderungsgeschichte (mindestens eine Person mit Migrationshintergrund) gibt, ihr Anteil an allen Familien stieg mittelfristig von 2014 bis 2019 um 6,6 Prozentpunkte auf 30,3%. Dabei sind diese Familien im Durchschnitt größer als Familien ohne Zuwanderungsgeschichte. Während bei den Familien mit Zuwanderungsgeschichte etwa jede fünfte mindestens drei Kinder hatte, war es bei den Familien ohne Zuwanderungsgeschichte nur jede zehnte. Bei ihnen hatten mehr als die Hälfte nur ein Kind (53,5%) bei denen mit Migrationshintergrund traf dies auf 41,3% zu. Zudem waren in mehr als drei Viertel der Familien mit Zuwanderungsgeschichte die Eltern miteinander verheiratet (76,2%), bei denjenigen ohne Migrationshintergrund waren es mit rund zwei Dritteln (66,8%) deutlich weniger.
Unter den Familienformen haben es Alleinerziehende in der Regel schwerer als Paarfamilien, den Alltag zu organisieren und Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren. So sind sie auch übermäßig oft auf Arbeitslosengeld I oder Leistungen nach dem SGB II als überwiegendem Lebensunterhalt angewiesen, was schließlich einhergeht mit einem hohen Armutsri-siko. In Niedersachsen gab es 2019 insgesamt 144.000 Alleinerziehendenfamilien mit minderjährigen Kindern, was etwas weniger als jeder fünften Familie mit minderjährigen Kindern entsprach (18,5%), dabei waren etwa neun von zehn Alleinerziehenden Frauen. Die Zahl der Alleinerziehendenfamilien mit minderjährigen Kindern ist mittelfristig über 2% zurückgegangen, im Allgemeinen schwankt deren Zahl jedoch auch etwas stärker als die der Familien insgesamt.
Insgesamt zeigt die Betrachtung der Entwicklung bei den Familienformen, dass die Bedeutung der Ehe zwar abnimmt, die Zahl der Eheschließungen 2018 dennoch einen Höchststand seit der Jahrtausendwende erreichte. Hierfür war in der Höhe auch die Öffnung der "Ehe für alle" seit Oktober 2017 verantwortlich, die gleichgeschlechtlichen Paaren eine Eheschließung ermöglicht hat. Verbunden war dies mit einem gewissen Nachholeffekt von Paaren, die schon länger den Ehewunsch hegten und nur noch auf die rechtliche Voraussetzung dafür warteten. Darüber hinaus trugen auch die Umwandlungen von eingetragenen Lebenspartnerschaften in Ehen zu dem Anstieg bei. 2019 fielen diese Effekte weg und die Zahl der Ehen sank zwar wieder, lag jedoch auf dem höchsten Niveau seit 2001. Neben den Eheschließungen werden im Folgenden auch die Ehescheidungen betrachtet. Sie können auf der einen Seite nicht selten ein höheres Armutsrisiko bedeuten, insbesondere bei Frauen, wenn diese zuvor längere Zeit gar nicht oder nur in einem geringen Maße erwerbstätig waren, weil sie zum Beispiel den größeren Teil der Kindererziehung übernommen haben. Auf der anderen Seite ist die Erwerbstätigkeit von Frauen und Müttern in den letzten Jahren merklich gestiegen, was gleichzeitig zu mehr finanzieller Unabhängigkeit vom Ehepartner geführt hat, so dass eine Ehescheidung schließlich weniger bedrohlich erscheint für die finanzielle und soziale Lage als früher.
Zu den Familien gehören in den folgenden Betrachtungen Ehepaare, Lebensgemeinschaften und Alleinerziehende mit Kindern (minderjährig und erwachsen). Nicht zu den Familien in diesem Sinne gehören Eltern, deren Kinder den elterlichen Haushalt bereits verlassen haben.
Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, HSBN 2021