Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung
Die Zahl der Arbeitslosen in Niedersachsen stieg im Juni 2020 erstmals seit vier Jahren gegenüber dem Vorjahresmonat an, und zwar größtenteils Pandemie bedingt um rund ein Viertel auf 264.855 Personen. Zugleich vergrößerte sich die Arbeitslosenquote auf 6,0%. Dabei verhinderte das Arbeitsmarktinstrument der Kurzarbeit, in der sich im Juni 2020 in Niedersachsen rund 390.000 Personen befanden, einen noch größeren Anstieg, sodass viele Arbeitsplätze gesichert werden konnten. Ein Jahr später, im Juni 2021 hatte sich die Situation mit 241.996 Arbeitslosen und einer Quote von 5,5% zu einem großen Teil wieder entspannt, auch wenn das Niveau von vor der Pandemie noch nicht erreicht werden konnte und sich immerhin noch 155.000 Beschäftigte in Kurzarbeit befanden. Der Arbeitsmarkt hat sich aus dieser
Sicht im bisherigen Verlauf der Pandemie relativ robust gezeigt.
Dementgegen stand die Entwicklung der Zahl der Arbeitslosen, die bereits ein Jahr und länger ohne entsprechenden Job waren. Ihre Zahl stieg im zweiten Corona-Jahr 2021 im Juni im Vergleich zum Vorjahresmonat deutlich an um 28,1% auf 102.545 Langzeitarbeitslose. Die Bundesagentur für Arbeit führt dies darauf zurück, "[...] dass es Arbeitslosen deutlich schwerer gelungen ist einen Arbeitsplatz zu finden. Zusätzlich konnten in Folge der pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen arbeitsmarktpolitische Maßnahmen nicht im gewohnten Umfang durchgeführt werden." (vgl. Bundesagentur für Arbeit, Statistik/Arbeitsmarktberichterstattung, Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt – Arbeitsmarktsituation von
langzeitarbeitslosen Menschen, Nürnberg, März 2022) Der Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Arbeitslosen stieg damit von 30,2% im Juni 2020 bis auf 42,4% im Juni 2021 (Juni 2019: 34,8%), womit sich die Arbeitslosigkeit mehr verfestigt hat. Dabei zeigt sich, dass es vor allem Arbeitssuchende ohne beruflichen Abschluss sind, die auch nach einem Jahr noch nicht aus ihrer Arbeitslosigkeit heraus-
finden.
Etwa jede beziehungsweise jeder vierte Langzeitarbeitslose war 55 Jahre und älter (Juni 2021). Dabei lag die Arbeitslosenquote insgesamt in dieser Altersgruppe nur knapp über dem Durchschnitt. Die Jugendarbeitslosigkeit fiel dagegen im Juni 2021 mit einer Quote von 4,7% unterdurchschnittlich aus, und auch im ersten Pandemiejahr waren Jugendliche nicht stärker als der Durchschnitt von Arbeitslosigkeit betroffen. Anders sieht die Situation unter den Ausländerinnen und Ausländern aus. Im Vergleich mit der Quote unter den deutschen Staatsangehörigen wuchs der Abstand zu ihrer Arbeitslosenquote im Juni 2021 auf 11,5 Prozentpunkte.
Bei der Betrachtung der Arbeitslosenzahlen im Sinne der BA ist zu beachten, dass sich unter den Arbeitslosen auch Erwerbstätige befinden. Der Umfang der Beschäftigung fällt jedoch unter die definitorische Grenze von mindestens 15 Wochenstunden. Für internationale Vergleiche eignet sich jedoch das Labour-Force-Konzept der International Labour Organization (ILO), welches die "ökonomisch aktive Bevölkerung" darstellt. Es teilt die Erwerbsbevölkerung in Erwerbstätige (mindestens eine Stunde bezahlte Arbeit pro Woche) oder Erwerbslose sowie in "Nichterwerbspersonen", die entweder ungewollt oder gewollt weder erwerbstätig noch erwerbslos sind, ein.
Erwerbslose, sind dagegen nicht erwerbstätig, haben aber in den letzten vier Wochen im Berichtszeitraum aktiv nach einer Tätigkeit gesucht. In Niedersachsen lag die Erwerbslosenquote 2021 bei 3,4% und damit nur 0,2 Prozentpunkte über dem Wert vor der Pandemie im Jahre 2019. Menschen mit Zuwanderungsgeschichte waren dabei mit einer Quote von 5,9% überdurchschnittlich oft erwerbslos.
Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, HSBN 2022