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Niedersächsische Ministerin für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung
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Relative Armut und relativer Reichtum

In wirtschaftlich hochentwickelten Ländern bedeutet Armut vor allem die mangelnde Möglichkeit der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und eine Einschränkung der individuellen Handlungsmöglichkeiten. Sie kann so zur sozialen Ausgrenzung führen. Arbeitslosigkeit, Niedriglöhne, geringe Qualifikation, mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie eine zu niedrige Altersabsicherung verstärken das Armutsrisiko und die Auswirkungen prekärer Lebenslagen. Zentraler Begriff in der amtlichen Sozialberichterstattung ist die "relative Armut" und damit einhergehend die Armutsgefährdung. Als armutsgefährdet gilt danach, wer weniger als 60% des durchschnittlichen Haushaltsnettoeinkommens (Median) zur Verfügung hat.

In Niedersachsen waren im Jahr 2023 nach ersten Ergebnissen rund 1,34 Millionen Menschen von relativer Einkommensarmut betroffen. Die Armutsgefährdungsquote lag damit bei 16,6% und entsprach dem Durchschnitt der 16 Länder. Während die Quote von 2020 bis 2022 bei 17,0% beziehungsweise 17,1% verharrte, sank sie 2023 gegenüber dem Vorjahr um 0,5 Prozentpunkte. Aber nicht bei allen Bevölkerungsgruppen ging die Armutsgefährdung zurück: Zugenommen hat sie bei Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sowie darunter unter Ausländerinnen und Ausländern. Bei beiden dieser Bevölkerungsgruppen stieg die Quote und die absolute Zahl der armutsgefährdeten Personen an. Im Gegensatz dazu ging die Quote und die Zahl der armutsgefährdeten Personen ohne Zuwanderungsgeschichte und deutscher Staatsangehörigkeit dagegen zurück.

Mit Blick auf das Alter wurde das Armutsrisiko nur bei Menschen ab 65 Jahren (17,9%) nicht kleiner, so dass der Abstand zum Bevölkerungsdurchschnitt größer geworden ist. Mit 316.000 Menschen waren noch nie so viele Ältere armutsgefährdet seit Berechnung der Quoten im Jahr 2005.

Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren waren auch 2023 mit 20,7% übermäßig häufig armutsgefährdet. Wie in den anderen Altersgruppen auch, erhöht sich das Risiko, wenn sie eine Zuwanderungsgeschichte haben auf 36,4%. Zudem lag auch die absolute Zahl der Armutsgefährdeten unter 18-Jährigen mit Zuwanderungsgeschichte mehr als doppelt so hoch (198.000) wie die derjenigen ohne Zuwanderungsgeschichte (92.000). Kinder sind bei der Betrachtung immer im Familien- beziehungsweise Haushaltskontext armutsgefährdet als Folge der Armutsgefährdung der Eltern. Die Gründe dafür liegen in der Bildung und Qualifikation und schließlich beim Einkommen. Dabei weisen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte im Durchschnitt ein niedrigeres Qualifikationsniveau auf als Menschen ohne Zuwanderungsgeschichte. Dies kann vielfältige Gründe haben, von fehlender Anerkennung ausländischer beruflicher Qualifikationen bis hin zu Diskriminierung.

Was das Konzept der relativen Armutsmessung nicht berücksichtigt, sind – bis auf die Haushaltsgröße und das Alter der Mitglieder – zum Beispiel unterschiedlich hohe Bedarfe, Vermögen oder Fähigkeiten von Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen. Die amtliche Sozialberichterstattung schließt die offene Frage nach dem Bedarf und Auskommen des Einkommens, indem sie die Haushalte genau hierzu befragt. Dabei steht neben der materiellen Deprivation auch die soziale Entbehrung im Fokus, die konkrete soziale Teilhabeaspekte beleuchtet. Zahlen zur sozialen und materiellen Deprivation, die aus der EU-weiten Befragung EU-SILC hervorgehen, geben Antworten darauf, auf welche essentiellen Dinge Menschen konkret aufgrund unzureichender finanzieller Möglichkeiten verzichten müssen. So konnte sich 2022 etwa jeder achte Haushalt jeden zweiten Tag eine warme, vollwertige Mahlzeit leisten, unter den armutsgefährdeten Haushalten betraf dies jeden vierten. Auch auf Freizeitaktivitäten, die Geld kosten musste etwa jede siebte Person verzichten, unter den armutsgefährdeten Menschen war es fast jeder dritte.

Insgesamt waren so in Niedersachsen 7,7% der Menschen mit erheblichen materiellen und sozialen Entbehrungen betroffen.

Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung, HSBN 2024

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