Erziehungshilfen und Schutzmaßnahmen
Sorgeberechtigte haben einen Anspruch auf Hilfen zur Erziehung nach § 27 SGB VIII, wenn eine dem Wohl des Kindes oder der beziehungsweise des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für ihre oder seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Zu den Erziehungshilfen gehören: Erziehungsberatung, soziale Gruppenarbeit, Erziehungsbeistände, sozialpädagogische Familienhilfe, Erziehung in einer Tagesgruppe, Vollzeitpflege, Heimerziehung sowie sonstige betreute Wohnformen und intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung.
Zum Stichtag 31.12.2020 wurden in Niedersachsen 52.771 erzieherische Hilfen gezählt. Davon waren 40.796 Einzelhilfen beziehungsweise Beratungen und 11.975 familienorientierte Hilfen. Die Erziehungsberatung (§ 28) machte einen Anteil von 28,4% an allen Hilfen aus, ambulante Hilfen (§§ 29, 30, 31, 32, 35) zusammen etwas mehr als ein Drittel (36,2%) und Hilfen in Pflegefamilien und Heimen beziehungsweise betreutes Wohnen (§§ 27, 33, 34) 35,2%. Gegenüber dem 31.12. des Vorjahres sank die Zahl der Hilfen minimal um 263. Auswirkungen der Corona-Pandemie für die Kinder- und Jugendhilfe im Zusammenhang der Erziehungshilfen können diese Stichtagsangaben allerdings nicht abbilden. Diese werden erst bei der Betrachtung der im Jahr 2020 begonnen Hilfen, deren Zahl fast ein Zehntel (9,5%) gegenüber 2019 zurückgegangen ist, sichtbar. Die Zahl der Beratungen verringerte sich sogar um 12,2% (-3.846), was auf die erschwerten Bedingungen der Jugendhilfearbeit durch die Pandemiesituation zurückzuführen ist. Dabei wurden aber teils verstärkt telefonische Beratungen angeboten, die in der Statistik erst ab dem Berichtsjahr 2022 erfasst werden.
Insgesamt (beendete Hilfen und Hilfen zum Stichtag 31.12. zusammen) wurden 2020 in Niedersachsen 100.666
erzieherische Hilfen gewährt, und damit 4,1% weniger als im Vorjahr.
Schaut man sich nur die Familien ersetzenden und die Familien ergänzenden Hilfen zum 31.12.2020 an (§§ 32 bis 35) kamen auf 1.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene unter 21 Jahren in Niedersachsen 12,2 Hilfen, regional reichte die Spanne von 6,9 im Landkreis Harburg bis 23,6 in der kreisfreien Stadt Wilhelmshaven.
Zu den weiteren Aufgaben der Jugendhilfe gehören unter anderem Pfleg- und Vormundschaften für Kinder und Jugendliche sowie vorläufige Schutzmaßnahmen (Gesamtübersicht siehe § 2 Absatz 3 SGB VIII). Letztere meinen von den Jugendämtern in Obhut genommene Kinder und Jugendliche, die akut gefährdet sind oder um Inobhutnahme bitten. Ihre Zahl ging 2020 gegenüber 2019 in Niedersachsen um 451 (9,1%) auf 4.506 zurück. Entgegen der Gesamtzahl stiegen vor allem die Zahlen der Wohnungsproblemanlässe, der Suchtprobleme des Kindes und der Anlässe der Schutzmaßnahmen aufgrund sexueller Gewalt. Allerdings machten diese Anlässe mit 4,9%, 6,0% und 2,1% nur einen kleinen Anteil aller Anlässe aus. Der häufigste Anlass für eine vorläufige Schutzmaßnahme in Niedersachsen war wie in den Vorjahren die "Überforderung der Eltern bzw. eines Elternteils" (45,9%; Deutschland: 40,7%), danach folgten "Sonstige Anlässe" mit 31,4% und zusammengenommen 20,7% körperliche und physische Misshandlung. Auf 10.000 Minderjährige kamen in Niedersachsen gerundet 34 vorläufige Schutzmaßnahmen (Deutschland: 33).
Definition des Indikators: Die Kinder- und Jugendhilfe bietet eine Reihe von Unterstützungen für Kinder und Jugendliche und für ihre Eltern an, sie reichen von der Erziehungsberatung bis hin zur Heimerziehung.
Bei den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe (Jugendämtern) werden Daten über alle ambulanten, teilstationären und stationären erzieherischen Hilfen sowie über die Eingliederungshilfen für seelisch behinderte, junge Menschen und die Hilfen für junge Volljährige erfasst. Bei den Erziehungsberatungen werden die Beratungsstellen der freien Jugendhilfeträger einbezogen. Die örtlichen Jugendhilfeträger melden die Daten zu Pflegeerlaubnis, Pfleg-, Vormund-, Beistandschaften und Sorgerecht. Vorläufige
Schutzmaßnahmen nach §§ 42 und 42a SGB VIII sind die in einem Kalenderjahr beendeten vorläufigen Maßnahmen der Jugendämter für Kinder und Jugendliche. Die Jugendämter nehmen Kinder und Jugendliche in Obhut, wenn diese darum bitten, eine dringende Gefahr für ihr Wohl besteht oder ein ausländisches Kind oder eine ausländische Jugendliche beziehungsweise ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland gekommen ist.
Methodische Hinweise: Die deutlichen regionalen Unterschiede sind nicht immer Folge regional unterschiedlich stark ausgeprägter Problemlagen für Kinder und Jugendliche, da vor allem bei Jugendlichen der Ort, wo die Schutzmaßnahme eingeleitet wird, nicht identisch mit ihrem Wohnort sein muss.
Weiterführende Informationen: siehe Anhang und www.statistik.niedersachsen.de > Themen > Soziales. Detaillierte Berichterstattung: Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung: Basisberichte der Landesjugendhilfeplanung
Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, HSBN 2022