Kinder und Jugendliche
Armutsgefährdung und problematische Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen haben vielfältige Ursachen. Sie sind unter anderem auf gesellschaftliche und wirtschaftliche Problemlagen beziehungsweise Strukturen sowie erzieherische Mangelsituationen zurückzuführen. Dabei spielen die individuelle Situation und die Bewältigungskompetenz der Eltern die entscheidenden Rollen.
Ein wichtiger Indikator, der Hinweise auf das Ausmaß schwieriger Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen gibt, geht aus der Jugendhilfestatistik über Hilfe zur Erziehung, Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche sowie Hilfe für junge Volljährige hervor. Auf Hilfe zur Erziehung haben Eltern beziehungsweise Personensorgeberechtigte nach § 27 Abs. 1 SGB VIII Anspruch, "(…) wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist." Bei den Hilfen handelt es sich um professionelle Beratungs-, Betreuungs- oder Hilfeangebote. Die Inanspruchnahme ist grundsätzlich freiwillig, sie kann aber bei drohenden Kindeswohlgefährdungen auch vom Familiengericht angeordnet werden. Unter bestimmten Voraussetzungen haben auch junge Volljährige in der Regel bis zum 21. Lebensjahr Anspruch auf vergleichbare Hilfen, in begründeten Einzelfällen soll sie für einen begrenzten Zeitraum darüber hinaus fortgesetzt werden. Eltern können sich dabei selbst an das Jugendamt wenden oder das Jugendamt kann die Inanspruchnahme von Hilfen empfehlen, wenn es Unterstützungsbedarf sieht. Darüber hinaus haben seelisch behinderte Kinder und Jugendliche sowie junge Volljährige mit seelischer Behinderung oder drohender Behinderung Anspruch auf Unterstützungen. Insgesamt (beendete Hilfen und Hilfen zum Stichtag 31.12. zusammen) wurden 2021 in Niedersachsen 97.831 erzieherische Hilfen gewährt, und damit 2,8% weniger als im Vorjahr. Dies lag vor allem am Rückgang bei der Zahl der erfassten Erziehungsberatungen in Folge der Corona-Schutzmaßnahmen. Zugleich wurden teils verstärkt telefonische Beratungen angeboten, die in der Statistik erst ab dem Berichtsjahr 2022 erhoben werden.
Die Jugendhilfestatistik gibt auch Auskunft über vorläufige Schutzmaßnahmen des Jugendamtes, die eine gravierende Intervention im Krisenfall darstellen. Hier können Erkenntnisse über die Anzahl von Kindern und Jugendlichen gewonnen werden, die wegen einer dringenden Gefährdung oder auf eigenen Wunsch vom Jugendamt in Obhut genommen werden (§ 42 und § 42a SGB VIII). Die Zahl der vorläufigen Schutzmaßnahmen erhöhte sich 2021 gegenüber 2020 in Niedersachsen leicht um 1,7% auf 4.583. Ein deutlicher Zuwachs war bei den Maßnahmen in Verbindung zur Unbegleiteten Einreise aus dem Ausland um fast ein Drittel zu beobachten. Der häufigste Anlass für eine vorläufige Schutzmaßnahme in Niedersachsen war wie in den Vorjahren die "Überforderung der Eltern bzw. eines Elternteils". "Trennung und Scheidung" machten mit 2,6% nur einen kleinen Teil der Maßnahmen aus. Grundsätzlich ist ein solcher Prozess in der Familie für die Kinder oft belastend. Im gleichen Themenkomplex sind auch die Familiensachen vor Gericht sowie die Zahl der Leistungsberechtigten nach dem Unterhaltsvorschussgesetz im vorliegenden Kapitel zu finden.
Ein weiteres Thema sind Schwangerschaften sehr junger Mütter, die oftmals mit sozialen Problemlagen einhergehen und zu einem hohen Armutsrisiko und dem Ausschluss von gesellschaftlicher Teilhabe führen können. Dabei gab es 2021 mit 1.088 neu geborenen Kindern von Teenagern in Niedersachsen auch anteilig in Bezug auf alle Lebendgeborenen im selben Jahr so wenig wie noch nie seit Beginn der Statistik.
Hinweise darüber, wie sich das finanzielle Ausmaß sozialer Problemlagen in den Regionen und deren Haushaltsbelastung niederschlägt, soll der Indikator "Doppischer Zuschussbedarf für Soziales und Jugend" geben.
Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung, HSBN 2023