Erziehungshilfen und Schutzmaßnahmen
Sorgeberechtigte haben einen Anspruch auf Hilfen zur Erziehung nach §27 SGB VIII, wenn eine dem Wohl des Kindes oder der beziehungsweise des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für ihre oder seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Zu den Erziehungshilfen gehören: Erziehungsberatung, soziale Gruppenarbeit, Erziehungsbeistände, sozialpädagogische Familienhilfe, Erziehung in einer Tagesgruppe, Vollzeitpflege, Heimerziehung sowie sonstige betreute Wohnformen und intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung.
Zum Stichtag 31.12.2022 wurden in Niedersachsen 52.317 erzieherische Hilfen gezählt, darunter 41.134 Einzelhilfen beziehungsweise Beratungen und 11.183 familienorientierte Hilfen (§27 SGB VIII insgesamt – Familienorientiert). Die Erziehungsberatung (§28 SGB VIII) hatte einen Anteil an allen Hilfen von 31,8%, ambulante Hilfen (§§ 29, 30, 31, 32, 35 SGB VIII) zusammen etwas weniger als ein Drittel (32,5%) und Hilfen in Pflegefamilien und Heimen bzw. betreutes Wohnen (§§ 27, 33, 34 SGB VIII) lagen mit 35,6% etwas über ein Drittel.
Gegenüber dem 31.12. des Vorjahres veränderte sich die Zahl der Hilfen kaum (-0,4 %). Zählt man die beendeten Hilfen und Hilfen zum Stichtag 31.12. zusammen, wurden 2022 insgesamt in Niedersachsen 101.069 (2021: 97.831) erzieherische Hilfen gewährt, und damit 3,3% mehr als im Vorjahr.
Werden nur die Familien ersetzenden und die 18.532 Familien ergänzenden Hilfen zum 31.12.2022 betrachtet (§§ 32 bis 35 SGB VIII), kamen auf 1.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene unter 21 Jahren in Niedersachsen 11,3 Hilfen, die Spanne reichte von 6,0 in der kreisfreien Stadt Wolfsburg bis 22,0 in der kreisfreien Stadt Wilhelmshaven.
Die Eingliederungshilfe für junge Menschen mit einer drohenden beziehungsweise seelischen Behinderung nach §35a SGB VIII ist auch Teil der Statistik. Sie ist in den hier aufgeführten Ergebnissen jedoch nicht mitberücksichtigt, da es sich dabei um einen für Kinder und Jugendliche eigenen, außerhalb der Hilfen zur Erziehung stehenden, Rechtsanspruch im Rahmen der Jugendhilfe handelt. Zum Stichtag 31.12.2022 gab es in Niedersachsen 14.437 solcher Hilfen.
Von besonderer Bedeutung für die Jungendämter sind neben den Pfleg- und Vormundschaften für Kinder und Jugendliche die Sicherstellung der vorläufigen Schutzmaßnahmen (Gesamtübersicht Aufgaben der Jugendhilfe siehe §2 Abs. 3 SGB VIII). Letztere meinen von den Jugendämtern in Obhut genommene Kinder und Jugendliche, die akut gefährdet sind oder um Inobhutnahme bitten. Ihre Zahl erhöhte sich 2022 gegenüber 2021 in Niedersachsen um ein Fünftel (+20,4%) auf 5.518. Den stärksten Zuwachs gab es bei der unbegleiteten Einreise aus dem Ausland, deren Anlasszahl sich mehr als verdoppelte (+123,9%) auf 1.489 (dritthäufigste Maßnahme). Der häufigste Anlass für eine vorläufige Schutzmaßnahme war wie in den Vorjahren die "Überforderung der Eltern bzw. eines Elternteils" (34,8%), danach folgten "Sonstige Probleme" (28,3%). Körperliche und physische Misshandlung machten 20,4% aus. Dabei können seit 2019 mehr als zwei Anlässe der Maßnahme angegeben werden. Auf 10.000 Minderjährige kamen in Niedersachsen gerundet 40 vorläufige Schutzmaßnahmen (Vorjahr: 34; Deutschland: 47).
Definition des Indikators: Die Kinder- und Jugendhilfe bietet eine Reihe von Unterstützungen für Kinder und Jugendliche und für ihre Eltern an, sie reichen von der Erziehungsberatung bis hin zur Heimerziehung.
Bei den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe (Jugendämtern) werden Daten über alle ambulanten, teilstationären und stationären erzieherischen Hilfen sowie über die Eingliederungshilfen für seelisch behinderte, junge Menschen und die Hilfen für junge Volljährige erfasst. Bei den Erziehungsberatungen werden die Beratungsstellen der freien Jugendhilfeträger einbezogen.
Die örtlichen Jugendhilfeträger melden die Daten zu Pflegeerlaubnis, Pfleg-, Vormund-, Beistandschaften und Sorgerecht. Vorläufige Schutzmaßnahmen nach §§ 42 und 42a SGB VIII sind die in einem Kalenderjahr beendeten vorläufigen Maßnahmen der Jugendämter für Kinder und Jugendliche. Die Jugendämter nehmen Kinder und Jugendliche in Obhut, wenn diese darum bitten, eine dringende Gefahr für ihr Wohl besteht oder ein ausländisches Kind oder eine ausländische Jugendliche beziehungsweise ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland gekommen ist.
Methodische Hinweise: Die deutlichen regionalen Unterschiede sind nicht immer Folge regional unterschiedlich stark ausgeprägter Problemlagen für Kinder und Jugendliche, da vor allem bei Jugendlichen der Ort, wo die Schutzmaßnahme eingeleitet wird, nicht identisch mit ihrem Wohnort sein muss.
Weiterführende Informationen: siehe Anhang und www.statistik.niedersachsen.de > Themen > Soziales > Übersicht; Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung: Basisberichte der Landesjugendhilfeplanung
Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung, HSBN 2024